Euro-Krise nimmt Werften den Wind aus den Segeln

Süden: Die goldenen Zeiten sind vorbei

Edel festmachen in Puerto Calero auf Lanzarote/Kanarische Inseln (Canarian Islands, Spain). Doch die goldenen Zeiten sind vorbei. Die Mittelmeerländer sind als Markt für Werften in der Euro-Krise untergangen. In Italien hat zusätzlich eine neue Luxussteuer auf Yachten den Absatz einbrechen lassen.

Der Süden ist als Markt weggebrochen

Köln (SP) Nach der spürbaren Erholung des Bootsmarktes in den Jahren 2010/2011 hat sich die konjunkturelle Lage in den ersten drei Quartalen 2012 wieder deutlich eingetrübt. Beleg hierfür sind die Verkaufszahlen von Innenbordmotoren in den ersten 9 Monaten des Jahres, die ein zuverlässiges Bild der Situation im Bootsbereich vermitteln. Danach ist die Produktion von Booten und Yachten um rund 23% rückläufig. Wertmäßig dürfte der Rückgang jedoch geringer ausfallen, da vermehrt größere Yachten produziert wurden. Das berichtet des Bundesverband Wassersportwirtschaft.

Der Rückgang der Bootsproduktion ist jedoch nicht so sehr das Resultat eines schwächer werdenden deutschen Marktes sondern vielmehr der konjunkturell angespannten Situation auf den wichtigsten europäischen Absatzmärkten. Insbesondere die Mittelmeerländer hat die Euro-Schulden Krise fest im Griff. In Italien beispielsweise sind nach Einführung einer Luxussteuer auf Boote und Yachten die Umsätze um rund 70% eingebrochen. Exporte in neue Märkte, wie Brasilien oder China können die Verluste in Europa sowie auf dem US-amerikanischen Markt nicht kompensieren, zumal sich gerade die Märkte in Südostasien noch in den ersten Entwicklungsstadien befinden.

Ein Blick in die Exportstatistik macht die unbefriedende Entwicklung deutlich: im ersten Halbjahr 2012 hat sich der Export von Segel- und Motorbooten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nach Stückzahlen um 21,3%, nach Umsatz um 14,5% verringert. Besonders betroffen war das Segelbootsegment. Lediglich 644 Yachten (Vorjahr 835) im Gesamtwert von 68,6 Mio. Euro (Vorjahr 89,7 Mio. Euro) wurden in das Ausland exportiert. Dies entspricht einem Rückgang von 22,9% (Stückzahl) bzw. 23,6% (Wert).

Fels in der Brandung bleibt da der deutsche Markt. Zwar merkt man auch hierzulande ein nachlassendes Interesse am Kauf neuer Boote und Yachten. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern halten sich die Rückgänge aber in engeren Grenzen. Dies unterstreicht auch die Importstatistik. Im ersten Halbjahr 2012 wurden insgesamt 1.510 Segel- und Motorboote (+4,3%) im Wert von 84,6 Mio. Euro (+6%) nach Deutschland importiert.

Die Konjunkturumfrage des Bundesverbandes Wassersportwirtschaft zur Jahresmitte 2012 bestätigt dieses Bild auch wenn die Ergebnisse durch die Bank zurückhaltender ausfielen als noch vor einem Jahr. Ingesamt bewerteten 56,2% (Vorjahr 80,8%) die aktuelle wirtschaftliche Lage gleich gut oder besser als im Vorjahreszeitraum. 54,5% (Vorjahr 79,1%) sehen die Wassersportkonjunktur mittelfristig (2-3 Jahre) auf gleichem oder höherem Niveau.

Für den Bootsbereich fällt die Einschätzung ähnlich aus. 58,1% sprechen bei Segelbooten und 60% bei Motorbooten von gleich guten oder besseren Geschäften im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Ausrüstung & Zubehör

Im Wassersportbereich spielt das Wetter eine bedeutende Rolle. Ausrüstung und Zubehör wird nur dann verkauft, wenn auch Boot gefahren werden kann. Und das war aufgrund des unbeständigen Wetters und kühler Witterung in diesem Jahr eher seltener als sonst der Fall. Insbesondere Wassersportbekleidung war in der abgelaufenen Saison kein Renner.

Allerdings konnten die wetterbedingten Rückgänge durch die konstante Nachfrage aus dem Nachrüstungs- und Refitbereich annähern ausgeglichen werden. Dabei liegen Komfortausstattungen wie Heiz-, Klima- und Kochtechnik aber auch die bequemere Ausstattung der Schlafkojen in der Käufergunst ganz weit vorn. Zunehmendes Interesse finden auch audio-visuelle Systeme. Schließlich möchte der Kunde auch an Bord Unterhaltungselektronik und digitale Dienste nutzen.

Die großen Ausrüster berichten daher von einem überwiegend zufriedenstellenden Geschäftsverlauf und einem Jahresendergebnis knapp unter dem guten Vorjahresniveau. Entsprechend positiv fallen die Konjunkturnoten aus: Über 80% der Unternehmen sind in den Bereichen Allgemeines Zubehör sowie Bootselektronik mit der Entwicklung zufrieden. Im Bereich Wassersportbekleidung würden diese Aussage lediglich knapp 56% unterschreiben.

Service, Wartung, Refit

Vom Trend die vorhandene Yacht länger zu nutzen profitieren neben den Bootsausrüstern auch Service- und Reparaturbetriebe sowie Refit- Werften. Auch für viele Bootshandelsbetriebe hat sich dieses Segment zu einem wichtigen, renditeträchtigen Standbein entwickelt, das außerdem im erheblichen Maße zur Kundenbindung beiträgt. Für Boosteigner, die sich gut betreut fühlen, bleibt das Unternehmen auch bei einem zukünftigen Neubootverkauf der erste Ansprechpartner.

Die Konjunktureinschätzung befindet sich weiterhin auf hohem Niveau. 90,3% (Vorjahr 91%%) der Unternehmen berichten über gleich gute oder bessere Ergebnisse als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt rechnet die Branche mit einem Umsatzplus von 2,5% in diesem Marktsegment.

Charter

Auch die Vermietung von Booten und Yachten hat unter der bescheidenen Wetterlage gelitten. Allerdings waren die Unternehmen mit guten Vorbuchungen in die Saison gestartet. Lediglich im Bereich der kurzfristigen und daher auch vom Wetter abhängigen Buchungen mussten Rückgänge hingenommen werden. Im Endergebnis liegen die realisierten Umsätze an der Ostsee und im Binnenland knapp unter dem Vorjahresniveau.

Umsatzzuwächse waren hingegen im Bereich der Auslandscharter zu verzeichnen. Ganz offensichtlich hat es einen größeren Teil des Charterpublikums in wärmere Regionen gezogen. Besonders im Trend liegen nach wie vor die Destinationen am Mittelmeer und hier vor allem Kroatien sowie die Türkei und Griechenland. Deutschland- und Auslandscharter zusammengefasst schließen die Unternehmen die Saison 2012 also mit einem leichten Plus ab.

Die Umsatzentwicklung ist aber nicht die alleinige Sorge der Bootsvermieter. Überkapazitäten im Markt und der gleichzeitige Trend zu immer kurzfristigeren Buchungen lassen die Preise purzeln und drücken die Renditen. Vor diesem Hintergrund werden die gedruckten Preislisten immer mehr zur Makulatur und erhebliche Preisnachlässe zum Regelfall.

Tauchen

Die politische Situation in Ägypten, dem beliebtesten Tauchrevier der deutschen Urlaubstaucher, bleibt labil und damit auch die konjunkturelle Lage der Tauchsportindustrie. Dennoch sind erste Anzeichen einer Entspannung der Lage sichtbar. Für das Jahr 2012 rechnet die Branche mit einem leichten Zuwachs der Umsätze mit dem Fachhandel in Höhe von 2%.

Problem bleibt allerdings die Abhängigkeit dieses Segmentes von den Urlaubstauchern und dem vergleichsweise hohen Prozentsatz an Nachwuchs, der jährlich generiert werden muss. Beiden Themen will sich der Tauchsport-Industrieverband (tiv) zukünftig verstärkt annehmen. Zum einen soll das Themen Tauchen in Deutschland gestärkt werden und zum anderen sollen durch ein Forschungsprojekt, das gemeinsam mit der Sporthochschule Köln durchgeführt werden soll, erstmals umfassende Grundlagen für das Tauchen mit Kindern gelegt werden.

Ausbildung


Wassersport liegt nach wie vor im Trend. Die beiden führenden Ausbildungs-organisationen in Deutschland, der Verband Deutscher Sportbootschulen (VDS) und der Verband Deutscher Wassersport Schulen (VDWS) berichten von stabilen Ausbildungszahlen und einem gleichbleibend hohen Interesse.

Die Ausbildungsqualität steht zukünftig besonders im Fokus. Der VDS hat in diesem Jahr die Ausbildung für Segellehrer neu strukturiert und an die gestiegenen Anforderungen hauptamtlicher Lehrtätigkeit angepasst. Mehr als 900 Teilnehmer aus 539 Mitgliedsschulen und 2.500 Einzelmitgliedern haben in diesem Jahr bis einschließlich September 2012 die verschiedenen VDWS- Lehrgänge, Seminare und Tagungen besucht und sich weiter qualifiziert.

Ausblick - keine Erholung in Sicht

Eine durchgreifende Erholung des europäischen Bootsmarktes ist gegenwärtig nicht in Sicht. Die Euro-Schuldenkrise zwingt vor allem die Mittelmeerländer zu weiteren Sparmaßnahmen und schwächt dadurch die konjunkturelle Entwicklung.

Für Deutschland wird die konjunkturelle Zukunft derzeit unterschiedlich beurteilt. Während das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung für 2013 ein im Vergleich zu anderen europäischen Ländern kräftiges Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) von 1,6% voraussagt, hat die Bundesregierung jüngst ihre Vorhersage auf 1% zurückgenommen. Dennoch, eines scheint klar: Deutschland wird der Wachstumsmotor in der Eurozone bleiben. Vor diesem Hintergrund erwartet die deutsche Wassersportbranche für 2013 ein leichtes Wachstum in der Größenordnung von 3-5%.

Dafür sprechen auch die verbesserten Rahmenbedingungen für den Einstieg in den Bootssport. Nachdem die Fragenkataloge für die Amtlichen Sportbootführerscheine bereits entrümpelt und die Prüfungen auf das anwenderfreundliche Multiple-Choice-Verfahren umgestellt wurden, wird nun der führerscheinfreie Bereich von derzeit 5 auf 15 PS (11,03 KW) ausgedehnt. Die neue Regelung gilt ab Oktober 2012 auf allen Bundeswasserstraßen (binnen- und seewärts) mit Ausnahme des Rheins.

Dadurch wird der Einstieg in diese Freizeitaktivität erheblich erleichtert und das Spaß- und Erlebnispotenzial des Bootssports bereits von Beginn an spürbar. Neben Neueinsteigern profitieren aber auch Charterkunden von der neuen Regelung. Segel- und Motoryachten bis eine Länge von rund 9 m können mit 15 PS ausreichend motorisiert werden. Insbesondere im Binnenbereich, beispielsweise auf dem deutschen Kanalnetz, wird das Vermietangebot in Zukunft deutlich zunehmen.

Infos: Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V., www.bvww.org.


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