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Die Zukunft des Regattasegelns

PC und Wetterdaten entscheiden über den Sieg

Hamburg (SP) "Die Zukunft des Regattasegelns" - unter diesem vielversprechenden Namen lockte das 3. internationale Yacht Forum in Hamburg am Samstag, den 24.3.2012 und Sonntag 25.3.2012 rund 150 begeisterte Regattasegler in die Handelskammer Hamburg.

Unter der Moderation von Dobbs Davis, Segelexperte und Redakteur vom Seahorse Magazine, referierten 13 international hoch angesehene Spezialisten: Über Vorteile von Navigations-Software (Nick White, NZL) und der Nutzung von Grib-Files für wetterabhängige Taktik (Meeno Schrader, GER); über Yacht Design in Abhängigkeit von Vermessungsregeln (Jason Ker und John Corby, GBR, und Torsten Conradi, GER); aktuelle Trends für Offshore Einheitsklassen, Box Rules und Vermessungssegeln (Dobbs Davis, USA); die Optimierung von Segeln für Vermessungssysteme (Greg Marie, USA); Unfälle und Bruch-Risiko-Minimierung bei Yachten (Stefano Beltrando, ITA); Hydro- und Aero-Strömungsanalysen und Geschwindigkeitsvorhersagen (Kai Graf, GER); Vorteile und Möglichkeiten von Videoproduktion beim Offshore-Segeln (Robert Sleep, GBR); über verschiedene Software-Lösungen für Regatta-Management (Stefan Kunstmann, GBR, Volker Andreae, GER, und Dobbs Davis); und die Entwicklung einer neuen Vermessungsregel (HPR) für Hochleistung Regattayachten (Jason Ker, Dobbs Davis, und James Dadd, GBR).

Profi-Informationen auf 1,5 Forumstage geballt

Besonders auffallend war, wie groß die Bedeutung des Einsatzes von Computern in allen Bereichen des Segelns geworden ist. Welche immensen Vorteile beispielsweise Navigations-und Taktiksoftware bieten, konnte eindrucksvoll Nick White, Entwickler der leistungsfähigen Navigationssoftware Expedition, demonstrieren. Wenn Kurse unter Berücksichtigung von Wetter- und Strömungsdaten in Form von Grip-Files in Zusammenhang mit den Leistungsdaten der Yacht bewertet werden können, steigen die Siegchancen deutlich. Wobei später Wetterexperte Meeno Schrader in seinem Vortrag aufmerksam machte, dass die Qualität der Daten die Qualität der Planung entscheidend beeinflusst. Ein Teil der Besucher verließ nach White´s Vortrag das Forum, um sich im Nachbarraum beim „Go For Speed“ Seminar des DSV tiefer in der Software „Expedition“ schulen zu lassen.

Auch beim Segelmachen hat die Technik und der Computer einen hohen Stellenwert erhalten. Neue Schnitte werden nicht auf dem Boot oder im Windkanal ausprobiert, sondern am Computer. CFD heißt das Zauberwort: Computational Fluid Dynamics. Computerprogramme simulieren die Strömungsvorgänge am Segel, so dass die Vortriebsleistung verschiedener Schnitte berechnet werden kann, ohne dass teures Segeltuch verschwendet wird. Über ein exaktes 3D-Modell vom Rigg kann zudem überprüft werden, ob das Segel exakt passt. Da die meisten Boote heute am Computer entworfen werden, sind solche Daten vom Konstrukteur erhältlich. Die Zusammenarbeit von Yachtkonstrukteur und Segeldesigner ist sowieso in der Regel viel enger geworden, weil leichte Schiffe höhere Geschwindigkeiten erreichen und andere Segel benötigen - erfolgreich ist vor allem der, der beides aufeinander perfekt abstimmt: Der Segeldesigner von Doyle Sails brachte viel Praxis- und Computererfahrung nach Hamburg. Marie, extra am Vortag aus den USA angereist, betont in seinem Vortrag die Wichtigkeit des intensiven Dialogs zwischen Seglern, Yachtdesignern und Segelmachern. Sein Konzept "Design-Loop" beinhaltet alle kontinuierlichen und systematischen Schritte um ein Segel zu entwickeln, dass schnell ist UND gut in die Formel passt. Natürlich wird CFD intensiv für die Optimierung der Segel eingesetzt.

Auch in diesem Jahr repräsentierten die anwesenden Konstrukteure und Ingenieure die Creme de la Creme im Regattayachtdesign – perfekt, um über die Trends in der Yachtentwicklung zu referieren. Generell gibt es – international – einen Trend zu Booten, die vor allem viel Segelspaß produzieren, und die nicht in erster Linie gut in eine Formel passen. Mehr Spaß kommt mit weniger Gewicht, mehr Ballast und größerer Segelfläche. Alles Punkte, die von den Vermessungsformeln bestraft werden. Ein 12m Schiff lässt sich heute problemlos unter 4 t Gesamtgewicht bauen - ohne dass die Seegängigkeit darunter leidet. Doch in Nordeuropa populäre Boote wiegen 6 t - 8 t oder mehr, selbst eine brandneue XP 38 aus der Performance Serie von X-Yachts wiegt bei 11,58 m noch 6,4 t.

Torsten Conradi vom Konstruktionsbüro Judel/Vrolijk demonstrierte an dem Beispiel des Racers "Elena Nova", dass das Gewicht von 5,6t mehr den Vermessungsformeln diktiert wird, weniger von den fehlenden Möglichkeiten, noch leichter zu bauen. Trotz Vermessungs-Optimierung ist die "Elena" schon fast 800 kg leichter als die Rodman "Beluga" – bei 1,30m mehr Länge in der Wasserlinie. Conradi kündigte weitere spannende Boote für die Regattabahn an: z.B. den Neubau des 37 Fuß ORC-Racers "Schooting Star" bei Speedwave. Oder zwei aufregend aussehende Mini Maxis in 72 Fuß Länge – einer davon wird bei Baltic Yacht in Finnland gebaut.

Yachtdesigner Jason Ker zeigte in einem Diagramm, wohin der Yacht-Gewichts-Trend gehen wird, falls sich eine neue Formel für High Performance Yachten etablieren könnte: 3,5 t bis 4 t für eine 12m Yacht, unter 6 t für eine 15m Yacht. Das würde beindruckende Segeleigenschaften versprechen – das ist der Grund, warum sich einige Segler, Konstrukteure und Vermesser in den USA zusammengefunden haben, eine Formel für konsequente Rennyachten zu entwickeln, ohne Rücksicht auf die Cruiser-Racer.

Alle Redner waren sich allerdings in einem Punkt einig: die neuen, leichten Yachten stellen neue und höhere Anforderungen an die Fähigkeiten der Crew. So sollte sich jeder im klaren sein, dass ein High-Performance-Racer einiges an Übung abverlangt, um nach berechneter Zeit einen Sieg einzufahren.

John Corby beispielsweise führte am Beispiel „Rockall" aus, dass auch recht konservative Linien und verhältnismäßig viel Gewicht zu Regattaerfolgen führen können. Auch, weil so ein Schiff unter allen Konditionen gut beherrschbar ist, und damit das Potenzial schnell voll ausgeschöpft werden kann. So wurde die Mannschaft der „Rockall“ mit dem „German Offshore Award” gekürt - zu Recht für die konstant guten Leistungen in 2011.

Denjenigen, die ohne Formel gegeneinander antreten möchten, bietet der Markt einige neue, spannende Yachten. Vor allem die Farr 400 verspricht viel Segelspaß, bei geringen Kosten für Anschaffung und Transporten zu Regatten, denn die 4 t leichte Carbonyacht passt in einen 40 Fuß Container oder lässt sich sogar trailern. Wobei – wie Dobbs Davis in seiner Übersicht kommentierte – die „alte“ Farr 40 zumindest bei Up-und Down Regatten noch kaum weniger schnell ist.

Die Technik zur Herstellung von Yachten wird immer komplexer und anspruchsvoller: Strömungs-Simulation am Computer ermöglicht es, für verschiedene Designs sehr realistische Geschwindigkeitsprognosen zu erstellen. Damit wird es zunehmend einfacher, Yachten für bestimmte Kurse zu optimieren – ein Schiff, das Up- und Down-Regatten gewinnen soll, sieht heute anders aus als ein Schiff für Langstreckenregatten, wie Kai Graf von der Uni Kiel betont. Ein Beispiel: Der für Liebhaber eleganter Schiffe fürchterlich hässliche aber siegreiche Scow-Bug von David Raisons Mini-Transat-Yacht hat bei Windstärken über 15 Knoten und vor allem raumschots so große Vorteile, dass die Class 40 Klassenvereinigung Ihre Regel ändern will.

Qualitäts-Prüfverfahren aus der Luftfahrt werden für den Yachtbau verwendet – mit Erfolg, wie Stefano Beltrando von QI durch seine Statistiken belegte. Vorbeugung durch Messen ist überhaupt ein neuer Trend: In der „Elena Nova“ werden Kräfte im Rumpf und Mast durch einlaminierte Glasfaserkabel ermittelt. Judel/Vroijk will die tatsächlichen Werte mit den prognostizierten Werten vergleichen. Vorstellbar werden so sogar Warnsysteme, die den Rumpf oder das Rigg vor Überlastung schützen.

Infos unter www.iyfh.org.


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