Knieriem-Werft baute Yacht für Teamentwicklung
Tognum - für die Schulung der Mitarbeiter
Knierim-Werft baute High-tech-Yacht
Kiel (SP) Die Knierim-Werft baute für die Mitarbeiter des Weltkonzerns „Tognum“ eine High-tech-Yacht für Mitarbeiter-Qualifikation und Teamentwicklung.
Segeln so schnell wie der Wind. Dieser Traum vieler Yachteigner erfüllen nicht nur große, leichte Mehrrumpfbooten wie die zwölf Meter langen Extrem 40 Katamarane, die beispielsweise wieder im August auf der Kieler Innenförde um den iShare-Cup segeln werden.
Auch Yachten mit einem Rumpf können es. Ein Rezept dafür: Man nehme die Ingenieure des Bremerhavener Konstruktionsbüro Judel/Vrolijk & Co, die durch den zweimaligen Gewinn des America’s Cup der von ihnen konzipierten Schweizer Yacht „Alinghi“ den Konstrukteursolymp erklommen haben und die Kieler Knierim-Werft, die durch den Bau von High-Tech-Yachten in der ersten Liga des Bootsbaus spielt. Das Resultat des gemeinsamen Wirkens sind zum Beispiel Yachten, die die Kieler Werft unter der Typenbezeichnung Knierim Performance Cruiser 53 anbietet. Eine dieser 16,25 Meter langen, kürzlich abgelieferte Yacht ist die „Tognum“, die der gleichnamige internationale Antriebssystem- und Energieanlagenspezialist bestellt hatte.
Die Übergabe des 53 Fuß High-Tech-Racers durch den Vorstandsvorsitzenden der Tognum AG an die Mitarbeiter war Teil der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum der MTU Friedrichshafen, der größten Tochtergesellschaft der Tognum-Gruppe. Die Yacht wurde jetzt offiziell in der Marina Ultramarin in Kressbronn-Gohren am Bodensee auf den Namen „Tognum“ getauft - drei Anläufe brauchte die Taufpatin, bis endlich die obligatorische Sektdusche erfolgreich war, was aber Neptun nicht verärgert haben sollte.
Als die Idee geboren wurde, den Mitarbeiter von Tognum ein schwimmendes Fortbildungszentrum zur Qualifikation und Teamentwicklung zur Verfügung zu stellen, befand sich der Konzern selbst in einer Neuorientierungsphase. Und so war die Entwicklung einer hochseetaugliche Mitarbeiteryacht auch ein Sinnbild für einen Aufbruch zu neuen Ufern, zu neuen Formen der Förderung der weltweiten, aktiven Zusammenarbeit aller Mitarbeiter der Tognum-Unternehmen. So war es auch konsequent, dass die Konzeption und Entwicklung der Yacht sowie die und Organisation von Abläufen von einem 13-köpfigen internationalen Mitarbeiterteam und einer qualifizierten Werft in enger Zusammenarbeit vorangetrieben wurde.
Ziel dieses Projekts ist es, den „Wir-Gedanken“ im Unternehmen zu fördern und den Teamgeist des Mannschaftssports Segeln gezielt für die Teambildung und Personalentwicklung im Rahmen des Tognum-Weiterbildungsprogramms zu nutzen. Wer die Teamarbeit an Bord einer Segeljacht gelernt hat, kann dies auch gut in der Firma umsetzen, weiß man bei Tognum. Bei einem Teambildungssegeltörn können die Mitarbeiter, aus ihrem täglichen Berufsumfeld herausgelöst, mehrere Tage auf dem Schiff verbringen und lernen gemeinsam die notwendigen Segelfertigkeiten. Das Ziel, die Yacht zu segeln, wird nur durch Zusammenarbeit und offenen Umgang erreicht. Dabei werden die am Arbeitsplatz vorhandenen Hierarchien und beruflichen Rollen relativiert. Auch bereichsübergreifende Projektteams rücken bei einem Segeltörn enger zusammen, lernen individuelle Stärken in eine Erhöhung der Produktivität der Arbeitsgruppen umzusetzen. Der direkte Umgang mit der Natur schafft auch für Nicht-Segler eine neue emotionale Erlebnisqualität.
Vom Herbst an geht die Mitarbeiteryacht auf eine Weltreise und wird mit wechselnden Mitarbeiter-Crews alle der über 100 Tognum-Standorte rund um das Mittelmeer, in Südafrika, in den USA und Asien anlaufen.
„Die Tognum ist dann auch ein Marketinginstrument für uns“, heißt es aus dem Bereich der Unternehmenskommunikation von Tognum in Friedrichshafen. Darüber hinaus soll die Yacht aus für Image-bildende Maßnahmen wie beispielsweise der Mitarbeitergenerierung oder auf Messen eingesetzt werden
Die erste große Herausforderung als Regattayacht erwartet die Tognum bei der diesjährigen RundUm am Bodensee.
Wir hatten die Gelegenheit, schon früher als die Mitarbeiter auf einer Werftprobefahrt über die Kieler Außenförde an Bord zu sein. Der Wind blies gerade einmal mit etwas mehr als acht Knoten oder drei Beaufort und es gab so gut wie keine Wellen. Mit dem Knierim Geschäftsführer Stefan Müller, einem ehemaligen Regattasegler, am Ruderrad brachte es die Tognum auch auf Kursen hoch am Wind auf Windgeschwindigkeit. Kein Wunder, denn die nach Werftangaben nur 14,8 Tonnen verdrängende Jacht wird von einer Segelfläche am Wind von rund 175 Quadratmetern angetrieben. Zum Vergleich: eine nur 49 Zentimeter längere Fahrtenyacht vom Typ Hallberg Rassy verdrängt bei einer Segelfläche von 151 Quadratmetern mehr als 26 Tonnen.
Dass die Knierim-Yacht auch bei Windgeschwindigkeit einfach zu beherrschen ist, davon konnten wir uns nach einem Steuermannswechsel überzeugen: die 4,40 Meter breite Yacht mit ihrem 3,20 Meter tief gehenden Kiel ließ sich so leicht wie eine Jolle segeln. Sie krängte auch bei aufkommenden Böen kaum zur Seite. Dafür sorgt eine fünf Tonnen schwere Ballastbombe aus Blei am Ende des Kiels als Gegengewicht zur großen Segelfläche. Als dann auf Vorwindkursen das Vorsegel gegen einen 200 Quadratmeter großen bunten Genaker getauscht wurde, bewegte sich die Speedometeranzeige sogar in den zweistelligen Bereich.
Dabei ist die „Tognum“ kein total spartanisch eingerichteter Racer für Rekordfahrten, sondern eine Yacht mit einer bewohnbaren Einrichtung. Das Interieur der Tognum plante die Werft zusammen mit dem Eigner. Es besticht nicht nur durch seine große Zweckmäßigkeit, sondern auch durch ein modernes, minimalistisches Design mit Edelholzapplikationen und Polsterbezügen aus Segeltuch. Eine funktionellen Pantry mit Corean-Arbeitsfläche, Spülbecken, Kühl- und zusätzlichem Gefrierschrank sowie viel Stauraum und elektrischem, halbkardanisch aufgehängten Heißluftherd mit Glaskeramik Kochfeldern und eingebauter Microwelle macht deutlich, dass die Tognum auch für längere Törns konzipiert wurde. Zwar bietet die Yacht des Technologiekonzerns nur Rohrkojen für die acht- bis elfköpfige Crew, allerdings gibt es durch Schränke, Schubladen und Regale ausreichend Stauraum für sie. Der Crew stehen zwei Nasszellen, von denen eine auch als Dusche genutzt werden kann, zur Verfügung.
Neben ihrer Funktionalität als eine Art Clubschiff präsentiert die „Tognum“ mit einer EmpireBus-Spannungs-Verteilungsanlage ein zeitgemäßes Energiesystem, durch das weniger Kupferkabel verlegt werden musste und somit Gewicht gespart werden konnte. Darüber hinaus hat die Yacht einen Dieselmotor eines italienischen Herstellers erhalten, der durch hauseigene Ingenieure optimiert wurde. Ein leichter Fischer-Panda-Generator sorgt für Elektrizität beim Segeln, wenn sich die Batteriekapazität erschöpft.
Das geringe Gewicht der Yacht, die das große Geschwindigkeitspotential ermöglicht, ist allerdings in erster Linie auf die hochfeste Leichtbauweise von Knierim zurückzuführen. Durch moderne Werkstoffe wie Kevlar, Karbon und E-Glas sowie einem PVC-Hartschaumkern entstehen besonders leichte Rümpfe und Decks, die zur Gewinnung einer optimalen Festigkeit in einer Art riesigem Ofen getempert, sprich gebacken werden.
Rund 1,3 Millionen Euro kostet eine derartige Yacht aus der High-tech-Werft am Ufer des Nord-Ostsee-Kanals. Für den Togum-Konzern mit seinen fast 9.000 Mitarbeitern eine gute Anlage.