Sie sind hier: Startseite » Yachting-News

Umfrage: Die Werften zur wirtschaftlichen Lage

Werften dümpeln in der schlimmsten Flaute

Köln (SP) Von der weltweiten wirtschaftlichen Rezession bleibt auch die deutsche Wassersportwirtschaft nicht verschont. Nach einer Umfrage des Bundesverbandes Wassersportwirtschaft (BVWW, Köln) zur Jahresmitte 2009 beurteilen lediglich 41,8% (24,6 % gleich gut; 17,2 % besser) der befragten Unternehmen die aktuelle Geschäftslage gleich gut oder besser als im Vorjahr. Dies sei der niedrigste Wert seit Bestehen des Konjunkturbarometers, so der BVWW in einer Pressemitteilung.

Im Einzelnen stellen sich die Ergebnisse der verschiedenen Branchensegmente durchaus unterschiedlich dar. Während die Bereiche Ausrüstung und Zubehör, Service und Wartung, Charter und Wassertouristik bisher nur wenig vom konjunkturellen Abschwung betroffen sind, verzeichnet das Bootssegment erhebliche Einbrüche: 76,5 % der Segelbootanbieter (Motorboote 75,5 %) sprechen von schlechteren Geschäften als im Vorjahr.

Untermauert werden diese Ergebnisse durch die rückläufigen Bootsmotorenverkäufe. Im 1. Quartal 2009, also in einem wichtigen Bereich der Produktionsperiode, sanken die Verkäufe von Diesel-Innenbordmotoren (weit überwiegend Erstausrüstung) um 63,8 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Rückgang auf ein volles Jahr bezogen (1.4.2008/31.3.2009) beträgt 41,9 %.

Weniger betroffen war der Außenbordermarkt (weil überwiegend Ersatzbedarf), der in den ersten 5 Monaten um 20,1 % schrumpfte.

Auch das Gebrauchtbootsegment gerät zunehmend in den Abwärtstrend. 55,6% der Segelboot- und 53,2 % der Motorbootanbieter berichten von Einbußen. Nicht nur aus konjunkturellen Gründen gerät der Gebrauchtbootbereich unter Druck. Immer mehr Yachten aus Charterflotten (Abbau von Überkapazitäten) und privaten Bootseignern, die aus Altersgründen ihren Sport aufgeben, drängen auf den Markt. Dies beschleunigt den Preisverfall und belastet damit zusätzlich das Neubootgeschäft, da die Differenz zwischen Gebrauchtbootwert und Neubootpreis immer größer wird.

Der mittelfristige Konjunkturverlauf wird von den Branchenunternehmen sehr zurückhaltend eingeschätzt. Lediglich 46,6 % der Unternehmen glauben an konjunkturelle Verbesserungen. Ebenfalls der niedrigste Wert seit mehr als 10 Jahren.

Werften in England, Frankeich und Italien, an denen maßgeblich profitorientierte Investoren beteiligt sind und die on stock ohne feste Aufträge fertigen, reduzierten die Mitarbeiterzahl, fuhren die Produktion zurück. Oder unternahmen Klimmzüge, um die Investoren auszubooten. Die auf ein langjährig gutes, vertrauensvolles Kundenverhältnis aufbauende Wassersportbranche ist nun einmal kein Investmentfond-Feld für schnelles Geld. Familienunternehmen hingegen meisterten die Krise bislang deutlich besser. An das Auf und Ab der Wirtschaft gewohnt, haben sie sich beizeiten Sicherheitspolster und finanzielle Reserven geschaffen. Mitarbeiter haben sie bislang noch nicht in größerem Stil entlassen müssen. Im Prinzip hatten sie nach den ersten Anzeichen einer Unsicherheit unter den Käufern – die auf den Herbstmessen im letzten Jahr zu spüren war – Schlimmeres erwartet. Auf der boot in Düsseldorf Ende Januar gab es bereits erste Anzeichen für einen entwarnenden, wieder verhaltenen Optimismus. Im Juni sprachen viele Unternehmen von Geschäften auf dem Vorjahresniveau oder leicht darunter. Doch wird befürchtet, dass die Krise im kommenden Herbst auf die Wassersportbranche durchschlägt: Kurzarbeit in vielen anderen Branchen könnte in Arbeitslosigkeit münden. Das würde sich dann auch auf Investitionen in Boote und Zubehör auswirken. Schon jetzt wird weniger gefahren, werden weniger Boote gechartert als im Vorjahr. Broker sprechen schon von zähflüssigen Geschäften: Eigner wollen sich nicht unter ihren hohen Wertvorstellungen von ihrem Boot trennen, derweil Kaufwillige auf noch preiswertere Schnäppchen unter Realwert hoffen und warten.

Angesichts dieses schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes sind die Unternehmen mit der Bewertung ihrer Unternehmenssituation mehr als zurückhaltend. Mehr als einmal hieß es: Kein Kommentar. Immerhin, einige Unternehmen haben auch bereitwillig geantwortet.

Richard A. Gründl, Gründl-Bootsimport:
„Bis jetzt sind wir in unseren Bereichen – Boote, Motoren und Zubehör – noch gut über die Runden gekommen.“

Thomas Günther, Eissing:
„Ein Vergleich zum Vorjahr fällt schwer, weil sich unser Unternehmen in diesem Jahr neu aufgestellt hat. Als hundertprozentiges Tochterunternehmen von Raymarine haben wir unser Angebot bereinigt, bieten nicht mehr die Bandbreite wie noch vor einem Jahr an. Weltweit setzen wir weitgehend auf einheitliche Lieferanten, haben zugleich das Berufsschifffahrtsgeschäft aufgegeben. Mit der neuen Produktpalette sind wir äußerst zufrieden und warten im Herbst mit einigen Neuheiten auf. Nach einem späten Saisonstart spürten wir vor allem im mittleren Bereich Nachfrageschwäche.“

Niko Reisch, Nordwest-Funk:
„Das zu kalte Wetter in den ersten Monaten hielt wohl viele Bootseigner davon ab, die Zubehörgeschäfte aufzusuchen. Darunter litten auch unsere Verkäufe. Seitens der Berufsschifffahrt wurden TV Antennen so gut wie gar nicht bestellt – viele Berufsschiffe liegen derzeit ohne Beschäftigung in den Häfen.“

Reinhard Klemme, Yacht- und Charterzentrum Heiligenhafen:
„In der Ostsee bieten wir mittlerweile 150 Segelyachten ab Flensburg, Greifswald und Heiligenhafen zur Charter an, im Ausland ist die Flotte weitestgehend gleich stark. In beiden Bereichen registrierten wir leichte Rückgänge und auch kurzfristige Buchungen erfolgen sehr verhalten.“

Harald Kuhnle, Kuhnle-Tours:
„Bis in den Juni hinein lagen unsere Umsätze etwa auf dem Vorjahresniveau, derweil die Hochsaison noch schwach gebucht ist. Unsere Reparaturwerft in Waren hingegen ist erfreulich gut ausgelastet.“

Patric Polch, Boote-Polch:
„Unsere Kunden zählten bereits in der Vergangenheit zu den scharfen Rechnern, die für ihr gutes Geld gute Qualität verlangten. Für sie ist das Bootfahren ein Hobby, ein Boot kein Lifestyle Vorführobjekt. Zudem haben wir uns als verlässlicher Partner in langen Jahren einen guten Ruf erarbeitet. Wohl deswegen ist die Krise bei uns noch nicht angekommen. Doch hohe Preisnachlässe unserer Wettbewerber auf neue Boote von Werften mit Überproduktion stimmen uns auf einen nicht gerade optimistischen Herbst ein.“

Albert Drettmann, Drettmann Group:
„Im Großen und Ganzen geht es uns nach wie vor gut. Auch wenn die Zahlungsmoral aufgrund schärferer Bankmodalitäten nachlässt. Im Bereich der Custom und Semi Custom Einzelbauten sucht der Kunde stabile Geschäftspartner mit einem gut aufgestellten Unternehmen. Davon profitieren wir, und davon, dass wir unser Angebot breit gefächert haben – mit Flybridge Motoryachten, Explorer Typen und Treibstoffverbrauch armen Modellen, die zwischen beiden Baureihen angeordnet sind. Damit können wir die Wünsche nach geruhsamem, mittelschnellem und schnellem Boot fahren auf Motoryachten in den Größenordnungen von 48 bis 170 Fuß erfüllen. Zur Intensivierung des Gebrauchtbootgeschäftes haben wir im März unter dem Motto First Class Pre Owned ein bereits erfolgreiches, umfassendes Refit Programm für Gebrauchte aufgelegt, bevor wir sie auf dem Markt anbieten.“

Frank Schlaack, Sunseeker Germany:
„Bei unseren Verkäufen im Euro Währungsgebiet profitieren wir von dem derzeit niedrigen Pound Sterling Kurs. Die exportorientierte Sunseeker Werft in England hat bis jetzt noch keine Festangestellten freigesetzt, bindet ihre guten Arbeitskräfte vermehrt an die Produktion der Motoryachten von 80 Fuß bis 52 m Länge, zog sie aus der Fertigung der kleineren Modelle bis 70 Fuß ab.“

Robert Marx, Marx Marine:
„Alles in allem befinden wir uns im grünen Bereich, sind unsere Händler hoch motiviert. Bei den Außenbordmotoren lagen die Umsätze leicht unter dem Vorjahresvergleichszeitraum, beim Repowering mit Einbaumotoren für private Kunden darüber, hält es sich im Rahmen. Die Werften, die wir zusammen mit Yanmar betreuen, haben ihre apazitäten zurück gefahren. Doch wir sind optimistisch, haben bereits schöne Projekte in der Pipeline.“

Michael Hammermeister, Hellwig Boote:
„In Stückzahlen konnten wir uns um 10 Prozent verbessern, aufgrund besserer Erlöse den Umsatz gegenüber Vorjahr sogar um 20 Prozent steigern. Und auch die Zahl der Arbeitsplätze. Aktuell zu schaffen macht uns allerdings die Materialbeschaffung: viele Lieferanten arbeiten kurz, haben kaum noch Ware am Lager und lassen uns lange warten.“

Uli Schürg, Blue Yachting:
„Es wäre schöner, wenn die allgemeine Presse nicht permanent über die Krise berichtet. Wir erleben in dieser Zeit jede Menge Positives. Darüber sollte sehr viel mehr informiert werden. Persönlich erinnere ich mich an die Ölkrise 1973. Meine Freunde und ich machten zu dieser Zeit gerade den Führerschein, als es hieß morgen gibt es kein Benzin mehr. Das Ende des Automobilzeitalters wurde vor 36 Jahren heraufbeschworen… Heute wissen wir es überhaupt nicht besser, wenn wir glauben, es gäbe kein Geld mehr. Die Wassersportbegeisterten sind vorhanden, sie haben Geld und würden es ausgeben, doch der Spaß wird ihnen vereitelt: Auf das mühsam vom Nettoeinkommen Ersparte, soll noch einmal etwa ein Fünftel an Mehrwertsteuer bezahlt werden. Wir hatten im September letzten Jahres von einer führenden deutschen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft die Wachstumsprognose für den Markt neuer Segel- und Motoryachten von 10 bis 18 m vorliegen: durchschnittlich 6,5 Prozent Wachstum pro Jahr bis 2011. Die umfangreiche Datenbasis dieser Prognose erschien absolut plausibel und vertrauenswürdig. Bis dahin hatten wir recht gut verkauft, das ermutigte uns. Einen Monat später traten wir auf der hanseboot in Hamburg mit elf Segelyachten zwischen 10 und 17 m Länge auf zwei Ständen als größte Händler-Aussteller auf. Das Interesse war überwältigend, die Stimmung bestens. Im Ja-nuar konnten wir auf der boot in Düsseldorf auf zwei Ständen Besucherrekorde erleben. Wir erlebten große positive Resonanz der Besucher auf unsere Segelyachten. Leider war das Messenachgeschäft extrem mager.“

Jens Ellermann, Bukh Bremen:
Da wir praktisch alle Segmente im Wassersportmarkt bedienen, haben wir natürlich auch einen ganz guten Überblick. Auffällig dabei sind die starken Unterschiede in den verschiedenen Bereichen. Die Bootsbauer (insbesondere die Volumenhersteller) verzeichnen seit Mitte vergangenen Jahres Umsatzrückgänge bis zu 60 Prozent. Der Bereich Aftersales (Handel, Reparatur, Service, Refit) liegt bis heute dagegenleicht über dem Vorjahr. Vetus und Bukh Motoren, die vornehmlich im Repowering von Sportbooten Verwendung finden sind stärker rückläufig. Steyr SOLAS Motoren für Tender und Fast Rescue Boote liegen wiederum deutlich über dem Vorjahr. Wir gehen davon aus, dass wir am Jahresende bei Umsatz und Ergebnis +/- weniger Prozentpunkte um das Vorjahresergebnis kreisen werden und blickensomit positiv in die Zukunft. Da aber niemand absehen kann wann sich die wirtschaftliche Gesamtsituation deutlich bessert, werden schon Einsparpotentiale, beispielsweise bei den diversen Messeauftritten, ausgelotet.

Jan Wiese, Volvo Penta:
„Wir denken, den Tiefpunkt erreicht zu haben. Zumindest liefen die Geschäfte in den letzten beiden Monaten auf gleichem Niveau – zwar auf niedrigem, aber konstant. Und das europaweit.“

Joachim Pfister, Pfister-Boote:
„Zum Jahresende rechne ich mit Verlusten sowohl im Neu- als auch im Gebrauchtbootbereich. Aber es ist immer noch Bewegung im Markt. Auch wenn uns die staatliche Ankurbelung des Pkw-Marktes durch die Abwrackprämie Kunden gekostet hat. Bei den Gebrauchten sind jüngere in Top Zustand gefragt.“

Axel Fischer, Suzuki:
„Die Rückläufe bei uns bewegen sich noch im einstelligen Bereich. Betroffen ist vor allem die Außenborder Oberklasse ab 100 PS. Mit ein Grund: Bootshändler sprechen von Lieferschwierigkeiten seitens der Werften. Zurückzuführen ist das auf den massiven Abbau von Arbeitsplätzen.“

Michael Schmidt, Hanse Yachts:
„Nach dem Absturz im letzten Herbst hat sich der Markt für uns auf niedrigem Niveau stabilisiert. Mit reduziertem Mitarbeiterstab produzieren wir derzeit auf Volldampf und Überstunden – aber immer noch weniger als vor einem Jahr.“


Quelle: Bundesverband Wassersportwirtschaft (BVWW), Infos: BVWW, Pressemitteilung,

Wir verwenden Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf unsere Website zu analysieren. Einige von ihnen sind für den Betrieb der Seite technisch notwendig. Außerdem geben wir Informationen zu Ihrer Verwendung unserer Website an unsere Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter. Wenn Sie auf dieser Seite bleiben, stimmen Sie dem zu. Alles Weitere finden Sie in der Datenschutzerklärung. Erweiterte Einstellungen